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Der Kipping Pull Up: Ihr ultimativer Guide für Technik und Effizienz

Octofit - Autor Profilbild B.Sc. Peter Schäfer

Peter Schäfer

Bachelor of Science

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Ein Athlet führt einen perfekten Kipping Pull Up an einer Klimmzugstange aus.

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Inhaltsverzeichnis

Sie stehen in Ihrer Box, das Workout of the Day (WOD) verlangt eine hohe Anzahl an Klimmzügen und Sie sehen, wie andere Athleten scheinbar mühelos eine Wiederholung nach der anderen absolvieren. Das Geheimnis? Oft ist es der Kipping Pull Up. Diese Technik ist im funktionalen Fitnesstraining allgegenwärtig, aber auch eine der am meisten diskutierten Übungen überhaupt.

Ist es eine legitime Übung oder nur „geschummelt“? Die Antwort ist nicht so einfach. Der Kipping Pull Up ist keine Abkürzung für fehlende Kraft, sondern eine eigenständige Fähigkeit, die darauf abzielt, die Arbeitseffizienz zu maximieren. In diesem Guide räumen wir mit den Mythen auf, zeigen Ihnen die korrekte Technik Schritt für Schritt und erklären, für wen diese anspruchsvolle Übung wirklich geeignet ist.

Auf einen Blick
* Definition: Der Kipping Pull Up ist eine Klimmzugvariante, die horizontalen Schwung (den „Kip“) nutzt, um den Körper effizienter über die Stange zu bewegen.
* Zweck: Sein Hauptziel ist nicht der reine Kraftaufbau, sondern die Steigerung der Wiederholungszahl in kurzer Zeit, was ihn ideal für die metabolische Konditionierung in WODs macht.
* Abgrenzung: Er ist kein Ersatz für den strikten Klimmzug, sondern eine ergänzende, fortgeschrittene gymnastische Bewegung.
* Voraussetzung: Eine solide Basis an Kraft, insbesondere im Schultergürtel und Rumpf, ist eine zwingende Voraussetzung, um das Verletzungsrisiko zu minimieren.

 

Was ist ein Kipping Pull Up überhaupt?

Ein Kipping Pull Up ist eine dynamische Bewegung, bei der Sie durch eine kontrollierte Schwungbewegung von Hüfte und Schultern Momentum erzeugen. Dieser Schwung hilft Ihnen, Ihr Körpergewicht explosiv nach oben zu katapultieren und das Kinn über die Stange zu bringen. Anstatt den Körper rein vertikal nach oben zu ziehen, wie es beim strikten Klimmzug der Fall ist, beschreibt der Körperschwerpunkt eine C-förmige Kurve.

Die Bewegung wechselt fließend zwischen zwei grundlegenden gymnastischen Positionen: der „Hollow Body“-Position (eine Anspannung der vorderen Muskelkette, ähnlich einer Banane) und der „Arch“-Position (eine Öffnung der vorderen Muskelkette). Dieser schnelle Wechsel erzeugt die nötige Energie für den eigentlichen Zug.

 

Die ewige Debatte: Kipping vs. Strict Pull Up – Was ist besser?

Die Frage nach der „besseren“ Übung führt oft zu hitzigen Diskussionen. Die Wahrheit ist: Beide Übungen haben ihre Berechtigung, aber sie dienen unterschiedlichen Zielen. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern um ein kontextbezogenes Sowohl-als-auch. Ein guter Athlet sollte beides beherrschen und wissen, wann welche Variante sinnvoll ist.

  • Der Strict Pull Up: Hier geht es um den Aufbau von Maximalkraft. Die Bewegung ist langsam und kontrolliert. Der Fokus liegt auf der isolierten Kräftigung des Latissimus, des Bizeps und der unterstützenden Rückenmuskulatur. Er ist die *Grundlage für jede Form des Klimmzugs*.
  • Der Kipping Pull Up: Hier steht die Leistung und Effizienz im Vordergrund. Ziel ist es, eine bestimmte Arbeit (z. B. 50 Klimmzüge) in der schnellstmöglichen Zeit zu verrichten. Die Übung beansprucht den gesamten Körper und trainiert die *metabolische Konditionierung* und die intermuskuläre Koordination.

Stellen Sie sich den Strict Pull Up wie das Heben schwerer Gewichte für den Kraftaufbau vor und den Kipping Pull Up wie einen Sprint – beides sind wertvolle Trainingsmethoden, aber für unterschiedliche Zwecke.

Infografik, die den Bewegungsablauf von Strict und Kipping Pull Ups vergleicht.

 

Die Vorteile des Kipping Pull Ups: Mehr als nur Geschwindigkeit

Wenn der Kipping Pull Up nicht primär dem Kraftaufbau dient, warum sollte man ihn dann überhaupt lernen? Die Antwort liegt in seiner Übertragbarkeit und seiner Effektivität im Rahmen eines funktionalen Trainingsprogramms. Die Fähigkeit, den Kip zu beherrschen, eröffnet Ihnen eine neue Dimension des Trainings.

  • Höheres Arbeitsvolumen: Sie können in der gleichen Zeit deutlich mehr Wiederholungen absolvieren. Das ermöglicht eine höhere Trainingsintensität und einen stärkeren metabolischen Reiz.
  • Verbesserte Körperkoordination: Der Kip schult das Zusammenspiel des gesamten Körpers – von den Schultern über den Rumpf bis zur Hüfte. Sie lernen, Kraft effizient zu übertragen.
  • Grundlage für fortgeschrittene Übungen: Der Kip ist die Basis für viele weitere gymnastische Bewegungen im Crossfit, wie zum Beispiel Toes-to-Bar, Chest-to-Bar Pull Ups oder den Bar Muscle Up.
  • Bessere Workout-Zeiten: Für Athleten, die an Wettkämpfen teilnehmen oder ihre Leistung in WODs verbessern wollen, ist die Beherrschung des Kipping Pull Ups oft ein entscheidender Faktor.

 

Die unverzichtbare Grundlage: Wann sind Sie bereit für den Kip?

Bevor Sie auch nur daran denken, mit dem Kipping zu beginnen, muss eine Frage geklärt sein: Besitzen Sie die nötige Grundkraft? Der Kip ist ein Kraft-Multiplikator, kein Kraft-Ersatz. Ohne ein stabiles Fundament aus Muskulatur und Gelenkstabilität setzen Sie Ihre Schultern einem unnötig hohen Verletzungsrisiko aus. Studien zur Biomechanik bei hochintensiven Übungen zeigen, dass die auf das Schultergelenk wirkenden Kräfte erheblich sind. Eine solide Vorbereitung ist daher nicht verhandelbar.

Prüfen Sie ehrlich, ob Sie die folgenden Kriterien erfüllen, bevor Sie den nächsten Schritt wagen:

  • Strikte Klimmzüge: Sie sollten in der Lage sein, mindestens 3-5 saubere, strikte Klimmzüge am Stück auszuführen. Diese Zahl signalisiert, dass Ihr Rücken und Ihre Arme stark genug sind, um die Bewegung jederzeit kontrollieren zu können.
  • Aktive Schulterposition: Sie können mindestens 30 Sekunden lang in einer „aktiven Hängeposition“ an der Stange verharren. Das bedeutet, Ihre Schultern sind aktiv nach unten gezogen (weg von den Ohren) und die Schulterblätter sind angespannt.
  • Starker Rumpf: Sie beherrschen die Hollow-Body-Position am Boden und können diese für 30-60 Sekunden halten. Ein starker Rumpf ist das Bindeglied, das die Kraft von der Hüfte in den Oberkörper überträgt.
  • Schmerzfreiheit: Jede Form von Schulterschmerz ist ein absolutes Stoppsignal. Klären Sie bestehende Probleme, bevor Sie dynamische Übungen wie den Kip in Ihr Training integrieren.

 

Kipping Pull Up lernen: Ihre Schritt-für-Schritt-Anleitung

Haben Sie die Grundlagen gemeistert? Perfekt. Der Weg zum ersten Kipping Pull Up ist ein Prozess, der auf dem Erlernen des richtigen Rhythmus basiert. Gehen Sie die folgenden Schritte geduldig durch und konzentrieren Sie sich auf die Qualität der Bewegung, nicht auf die Wiederholungszahl.

 

Schritt 1: Der Kip Swing (Arch & Hollow)

Alles beginnt mit dem Schwung. Hängen Sie sich mit aktiven Schultern an die Stange. Leiten Sie die Bewegung ein, indem Sie die Brust nach vorne schieben und die Beine leicht nach hinten bringen (Arch-Position). Drücken Sie dann die Stange von sich weg, spannen Sie Bauch und Gesäß an und bringen Sie Ihre Füße nach vorne in die Hollow-Body-Position. Pendeln Sie kontrolliert zwischen diesen beiden Positionen hin und her. Der Rhythmus kommt aus der Schulter und dem Rumpf, nicht durch wildes Strampeln mit den Beinen.

 

Schritt 2: Höhe generieren

Sobald der Kip Swing flüssig ist, konzentrieren Sie sich darauf, am Ende der Hollow-Position die Hüfte explosiv nach oben zu schnippen. Stellen Sie sich vor, Sie wollen mit den Zehen die Stange berühren. Dieser aggressive Hüfteinsatz hebt Ihren Körperschwerpunkt an und erzeugt einen Moment der „Schwerelosigkeit“. Dies ist der Moment, in dem der eigentliche Zug eingeleitet wird.

 

Schritt 3: Der Zug – Timing ist alles

Genau in dem Moment, in dem Ihre Hüfte den höchsten Punkt erreicht hat, ziehen Sie sich kraftvoll nach oben und gleichzeitig leicht nach hinten zur Stange. Der Pfad ist nicht vertikal, sondern bogenförmig. Das Ziel ist, das Kinn über die Stange zu bringen. Denken Sie daran: Der Zug unterstützt den Schwung, er ersetzt ihn nicht.

 

Schritt 4: Wiederholungen verketten

Nachdem Ihr Kinn über der Stange war, stoßen Sie sich aktiv von der Stange weg, um direkt wieder in die Arch-Position zu gelangen und den nächsten Kip Swing einzuleiten. So entsteht ein flüssiger, zyklischer Rhythmus, der es Ihnen ermöglicht, viele Wiederholungen aneinanderzureihen. Diese Fähigkeit ist auch die Grundlage für den anspruchsvollen Muscle Up.

 

Die 3 häufigsten Fehler – und wie Sie sie vermeiden

Fast jeder Athlet macht am Anfang die gleichen Fehler. Achten Sie auf diese Punkte, um schneller Fortschritte zu machen und Verletzungen vorzubeugen:

  • Fehler 1: Der „leere“ Kip: Der Schwung kommt nur aus einem unkontrollierten Beinschlag. Die Lösung: Fokussieren Sie sich auf das Öffnen und Schließen der Schulter und der Hüfte. Filmen Sie sich selbst, um zu sehen, ob Sie eine saubere Arch- und Hollow-Position erreichen.
  • Fehler 2: Falsches Timing: Sie ziehen zu früh, bevor der Hüftschwung seine volle Wirkung entfaltet. Die Lösung: Üben Sie den Kip Swing mit Fokus auf maximale Höhe, ohne überhaupt zu ziehen. Erst wenn Sie das Gefühl der „Schwerelosigkeit“ spüren, addieren Sie den Armzug.
  • Fehler 3: Passive Schultern: Sie lassen die Schultern im untersten Punkt der Bewegung unkontrolliert nach oben schnellen. Die Lösung: Halten Sie die Schultern während des gesamten Bewegungsablaufs aktiv und unter Spannung. Dies schützt das Gelenk und ermöglicht eine effizientere Kraftübertragung.

 

Fazit: Der Kipping Pull Up als Werkzeug, nicht als Abkürzung

Der Kipping Pull Up ist eine hochentwickelte, athletische Fähigkeit, die im funktionalen Fitnesstraining ihren festen Platz hat. Er ist kein „geschummelter“ Klimmzug, sondern ein spezifisches Werkzeug zur Steigerung der Arbeitseffizienz. Behandeln Sie ihn mit dem nötigen Respekt: Bauen Sie zuerst eine solide Kraftbasis durch strikte Klimmzüge auf und erlernen Sie die Technik geduldig und sauber. Dann wird der Kipping Pull Up zu einem wertvollen Bestandteil Ihres Trainings, der Ihnen neue Leistungslevel ermöglicht. Eine umfassende Übersicht über alle grundlegenden Bewegungen finden Sie in unserem ultimativen Crosstraining Guide.

 

Häufig gestellte Fragen

Ist der Kipping Pull Up schlecht für die Schultern?

Nicht per se, aber er ist anspruchsvoll. Bei unzureichender Kraft, mangelnder Mobilität oder schlechter Technik erhöht sich das Verletzungsrisiko für das Schultergelenk. Eine korrekte Ausführung und eine solide Kraftbasis sind zum Schutz Ihrer Schultern unerlässlich.

Was ist der Unterschied zum Butterfly Pull Up?

Der Butterfly Pull Up ist eine noch schnellere, zyklische Variante, bei der die Füße eine kontinuierliche Kreisbewegung ausführen. Er ist effizienter für sehr hohe Wiederholungszahlen, aber auch technisch anspruchsvoller und belastender für die Schultern als der Standard-Kip.

Kann ich den Kipping Pull Up lernen, ohne strikte Klimmzüge zu können?

Das ist absolut nicht zu empfehlen. Der Versuch, fehlende Kraft durch Schwung zu kompensieren, ist der direkteste Weg zu einer Verletzung. Strikte Klimmzüge sind die nicht verhandelbare Voraussetzung für jede fortgeschrittene Klimmzugvariante.

Octofit - Autor Profilbild B.Sc. Peter Schäfer

Über den Autor

Peter studierte an der TU Dortmund und eröffnete 2015 sein erstes Studio für Personal Training und funktionale Kurse. Er ist Autor mehrerer Bücher und wurde in internationalen Zeitungen und Magazinen zitiert. Seine Fachgebiete sind Crosstraining und gesundheitsorientiertes Krafttraining.