Jeder kennt das Gefühl: Das WOD startet, die Motivation ist auf dem Höhepunkt und du legst los wie die Feuerwehr. Doch nach wenigen Minuten schlägt die Realität zu. Die Lunge brennt, die Muskeln werden schwer und der anfängliche Sprint wird zum qualvollen Kriechgang. Du hast den klassischen Fehler gemacht: Du bist zu schnell gestartet und an die Wand gefahren. Die Lösung liegt in einer Fähigkeit, die oft unterschätzt wird: Pacing.
In diesem Artikel zeigen wir dir, warum intelligentes Pacing der Schlüssel zu besseren Workout-Zeiten und nachhaltigem Fortschritt ist. Du lernst, wie du die häufigsten Fehler vermeidest und welche Strategien dich dabei unterstützen, jedes Workout nicht nur zu überleben, sondern es zu dominieren.
- Pacing als Strategie: Es geht um die kluge Einteilung deiner Energie, um ein Workout mit der bestmöglichen Gesamtzeit abzuschließen.
- Vermeide den „Fly and Die“-Effekt: Ein zu schneller Start führt unweigerlich zu Leistungsabfall und Frustration.
- Kenne deine Kapazitäten: Die Basis für gutes Pacing ist das Wissen um deine eigenen Leistungsgrenzen bei verschiedenen Übungen.
- Passe deine Strategie an: Unterschiedliche WOD-Typen wie AMRAPs, For Time oder EMOMs erfordern angepasste Pacing-Ansätze.
- Pacing ist eine trainierbare Fähigkeit: Mit bewusstem Üben wird Energiemanagement zur zweiten Natur.
Was genau bedeutet Pacing im WOD?
Pacing ist das bewusste Management deiner Anstrengung und Geschwindigkeit über die gesamte Dauer eines Workouts. Es bedeutet nicht, absichtlich langsam zu sein. Es bedeutet, *intelligent* zu sein. Stell es dir wie beim Autorennen vor: Wer in der ersten Kurve mit Vollgas in die Bande kracht, gewinnt das Rennen nicht. Der Sieger ist derjenige, der seine Geschwindigkeit, sein Material und seine Konzentration über die gesamte Distanz optimal einteilt.
Im Crosstraining ist es genauso. Ein Athlet, der seine Sätze von Anfang an klug aufteilt und ein konstantes Tempo hält, wird fast immer schneller sein als derjenige, der die erste Runde im Vollsprint absolviert und danach für den Rest des WODs lange, ungeplante Pausen braucht. Es geht darum, den Punkt der maximal nachhaltigen Leistung zu finden und so lange wie möglich zu halten.
Die häufigsten Pacing-Fehler und ihre brutalen Folgen
Der mit Abstand häufigste Fehler ist die „Fly and Die“-Taktik. Angetrieben von Adrenalin und dem Wunsch, die anderen zu überholen, startest du mit einer Intensität, die du unmöglich durchhalten kannst. Das Ergebnis ist vorprogrammiert: Dein Puls schießt in die Höhe, deine Muskeln übersäuern und du bist gezwungen, deine Leistung drastisch zu reduzieren oder komplett zu stoppen.
Die Folgen sind nicht nur eine schlechte Zeit auf der Anzeigetafel. Schlechtes Pacing führt zu technischem Versagen, was das Verletzungsrisiko erhöht. Außerdem sorgt es für übermäßigen Muskelkater nach dem WOD und kann die Motivation langfristig untergraben, weil das Gefühl des Scheiterns überwiegt.

3 goldene Pacing-Strategien für dein nächstes WOD
Gutes Pacing ist kein Zufall, sondern das Ergebnis einer klaren Strategie. Die folgenden drei Ansätze helfen dir, deine Energie von nun an perfekt einzuteilen.
1. Kenne deine Zahlen (Threshold Pacing)
Die wichtigste Grundlage für Pacing ist Selbsteinschätzung. Du musst wissen, was du leisten kannst. Wie viele Wall Balls schaffst du am Stück, bevor deine Form leidet? Wie schnell kannst du 500 Meter rudern, ohne danach zwei Minuten nach Luft zu ringen? Diese Kenntnis ist ein zentraler Baustein in jedem umfassenden Crosstraining Guide. Teste deine Limits im Training, um sie im WOD strategisch nutzen zu können. Wenn du weißt, dass dein Maximum 20 unbroken Pull-ups sind, ist es im WOD „Fran“ schlauer, mit Sets von 7-7-7 zu starten, anstatt mit einem 15er-Set zu beginnen und danach nur noch einzelne Wiederholungen zu schaffen.
2. Die Kunst der geplanten Pausen (Interval Pacing)
Eine geplante Pause von 5 Sekunden ist immer kürzer als eine erzwungene Pause von 30 Sekunden. Anstatt bis zur völligen Erschöpfung zu arbeiten, baue von Anfang an kurze, strategische Pausen ein. Bei einem WOD mit vielen Thrusters könntest du dir vornehmen, immer 5 Wiederholungen zu machen, kurz durchzuatmen und dann die nächsten 5 anzugehen. Dieser Rhythmus hält deine Herzfrequenz stabiler und beugt der totalen Muskelermüdung vor. So bleibst du länger handlungsfähig.
3. Negative, Positive oder Even Splits?
In der Sportwissenschaft ist die Analyse von Teilstrecken (Splits) entscheidend. Dieses Konzept lässt sich perfekt auf WODs übertragen:
- Even Splits (Gleichmäßige Runden): Du absolvierst jede Runde des Workouts in ungefähr der gleichen Zeit. Das ist ideal für lange, monotone WODs und zeugt von exzellenter Selbstkontrolle.
- Negative Splits (Schneller werdende Runden): Die Königsdisziplin. Du startest kontrolliert und steigerst dein Tempo gegen Ende des Workouts. Dies erfordert enorme Disziplin und mentale Stärke, führt aber oft zu den besten Ergebnissen.
- Positive Splits (Langsamer werdende Runden): Das Ergebnis der „Fly and Die“-Taktik. Jede Runde wird langsamer als die vorherige. Das ist das Szenario, das du unbedingt vermeiden willst.
Dein Körper nutzt für kurze, intensive Belastungen andere Energiesysteme als für ausdauernde Leistungen. Eine fehlerhafte Pacing-Strategie erschöpft diese Systeme vorzeitig, wie auch Publikationen des Instituts für Angewandte Trainingswissenschaft belegen. Ein kluger Athlet haushaltet mit seinen Ressourcen.

Pacing an verschiedene WOD-Typen anpassen
Nicht jedes Workout ist gleich. Eine gute Pacing-Strategie passt sich an die jeweilige Herausforderung an.
- AMRAP (As Many Rounds As Possible): Dein Ziel ist es, in Bewegung zu bleiben. Finde ein Tempo, das du als „für immer“ empfindest. Mache keine langen Pausen, sondern bewege dich konstant und flüssig. Reduziere lieber die Intensität, anstatt stehen zu bleiben.
- For Time: Hier kommt es auf die Struktur an. Analysiere das WOD vorher. Wo ist dein persönlicher Engpass? Bei großen Sätzen solltest du von der ersten Wiederholung an Pausen einplanen. Zerlege die Aufgabe in kleine, machbare Häppchen.
- EMOM (Every Minute On The Minute): Dieses Format ist ein hervorragender Pacing-Lehrer. Dein Ziel ist es, die vorgegebenen Wiederholungen so zu absolvieren, dass in der Minute noch genügend Restzeit zur Erholung bleibt. Schwindet die Pause, ist dein Tempo zu langsam oder das Gewicht zu hoch. Eine gute Beweglichkeit hilft, Bewegungen effizienter zu gestalten und wertvolle Sekunden zu sparen.
Fazit: Pacing ist deine Superkraft im Crosstraining
Pacing ist keine Schwäche oder ein Zeichen mangelnden Ehrgeizes – es ist die höchste Form von Workout-Intelligenz. Es ist der entscheidende Faktor, der einen guten Athleten von einem herausragenden unterscheidet. Indem du lernst, deine Kraft strategisch einzusetzen, vermeidest du nicht nur den gefürchteten Einbruch, sondern schaffst die Grundlage für kontinuierliche Bestleistungen.
Sieh Pacing als eine Fähigkeit, die du genau wie einen Double Under oder einen Muscle-up trainieren musst. Sei geduldig mit dir selbst, analysiere deine Workouts und beginne, strategisch zu denken. Du wirst überrascht sein, wie viel schneller du wirst, wenn du lernst, am Anfang bewusst etwas langsamer zu machen.
Häufig gestellte Fragen
Wie finde ich mein richtiges Pace-Gefühl?
Das richtige Gefühl entwickelst du durch Erfahrung und Daten. Tracke deine Workouts, lerne deine Leistungsgrenzen kennen und übe verschiedene Pacing-Strategien bewusst im Training. So kalibrierst du deinen inneren Tacho und weißt bald instinktiv, welches Tempo du wie lange halten kannst.
Sollte ich bei jedem WOD auf Pacing achten?
Ja, absolut. Jedes Workout profitiert von einer durchdachten Pacing-Strategie. Selbst bei kurzen Sprints geht es darum, die maximale Leistung über die gesamte, wenn auch kurze, Distanz aufrechtzuerhalten, anstatt nach wenigen Sekunden die Form zu verlieren. Das Prinzip bleibt immer gleich, nur die Taktik ändert sich.
Hilft Pacing auch beim Stressabbau?
Definitiv. Eine klare Pacing-Strategie gibt dir einen Plan und ein Gefühl der Kontrolle über das Workout. Dieser mentale Fahrplan reduziert den Stress während der Belastung und wandelt das Gefühl der Überforderung in ein Gefühl der Kompetenz um, was den allgemeinen Stressabbau durch Sport positiv unterstützt.

